Fledermaus im Unterland

Ausstellung „Faces of the Batman“

Fledermaus im Unterland
Ausstellung „Faces of the Batman“
28. Juli 2022

Wenn es eine schwäbische Entsprechung von Gotham City gibt, dann ist das ganz offensichtlich Heilbronn. Düstere, von grotesken Wasserspeiern gekrönte Art Deco-Wolkenkratzer, vom steten Heulen der Polizeisirenen durchzogene Häuserschluchten, in die das ganze Jahr kein Sonnenstrahl fällt, und ein durch und durch korruptes Gemeinwesen wird man hier zwar eher nicht antreffen, aber immerhin ein paar garstige Industriegebiete und eine Ansammlung seelenlos-grauer Nachkriegsbauten, die als Innenstadt bezeichnet wird.

Naheliegend also, dass gerade hier, in der Metropole des Unterlands, eine großartige Ausstellung stattfindet, die sich Batman in all seinen multimedialen Erscheinungsformen widmet – und auch für den kundigen Fledermausfreund noch einige Entdeckungen bereithält.

Unter dem Titel „Faces of the Batman“ präsentiert die Schau in der Galerie der Kreissparkasse Heilbronn Exponate aus allen Phasen der Batman-Geschichte, von den allerersten Comics aus den 1940er Jahren bis zum aktuellen Kinofilm „The Batman“ mit Robert Pattinson. Die Ausstellung möchte aber nicht nur die Historie der Figur nachvollziehbar machen und dabei aufzeigen, welche Wandlungen sie über die Jahre durchlaufen hat. Mit Kinoplakaten, Actionfiguren, Videogames, Spielzeugen aus unterschiedlichsten Jahrzehnten und Materialien aus der legendären Animationsserie illustriert sie auch, wie der Fledermausmann im Laufe der Zeit sein Cape über das gesamte Spektrum der medialen Landschaft ausgebreitet hat.

Über allem wacht die Fledermaus: Batman unter der gläsernen Pyramide.
Foto: ALLESFRESSER

Das Zentrum der Ausstellungshalle dominieren eindrucksvolle, lebensgroße Figuren aus dem Batman-Kosmos: Tom Hardy als Bane, der Joker aus „The Dark Knight“ und natürlich Batman selbst in unterschiedlichen Inkarnationen – alle so täuschend lebensecht, dass man nicht nur unter dem irren Blick Heath Ledgers erschaudert, sondern sich unwillkürlich fragt, ob Duane Hanson wohl auch Batman-Fan war.

Echter als das Original: Tom „Bane“ Hardy.
Foto: Günter Wagner

Auch wenn die prächtigen Figuren viele Blicke auf sich ziehen: Für den Comicfan dürften es trotzdem die dicht an dicht hängenden hochkarätigen Originalzeichnungen sein, die die Hauptattraktion der Ausstellung ausmachen. Praktisch jeder wichtige Zeichner, der Batman im Laufe der Jahrzehnte seinen Stempel aufgedrückt hat, ist hier mit einem oder mehreren Originalen vertreten; von legendären Veteranen wie Dick Sprang über das Dreigestirn des Bronze Age – Neal Adams, Jim Aparo und Marshall Rogers – bis zu den heutigen Fanlieblingen Tim Sale, Eduardo Risso und Bryan Hitch, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Und natürlich darf Frank Miller, der Batman 1986 mit der Stahlbürste gegen den Strich schrubbte, genauso wenig fehlen wie der (in Wirklichkeit, wie man heute weiß, nicht ganz alleinerziehende) Vater von Batman, Bob Kane. In dieser Bandbreite – und auch in der Qualität der präsentierten Seiten –  war das so in Deutschland vermutlich noch nie zu sehen.

Jim Aparos Originalzeichnung zu der legendären Szene, bei der jeder Batman-Fan Kreuzschmerzen bekommt.
Foto: Ausstellungskatalog.

Besonders eindrucksvoll ist das, wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Exponate zum größten Teil aus den privaten Sammlungen von Alexander Bubenheimer und Marc Widmann stammen. Die beiden haben die Ausstellung auch konzipiert und kuratiert – und das lesenswerte Begleitbuch zusammengestellt, in dem sie sich zusammen mit ihrem Freund Uwe Reber, der die Illustrationen für das Ausstellungsplakat und die Porträts der in der Ausstellung vertretenen Zeichnerinnen und Zeichner angefertigt hat, selbstironisch als „The Bat Pack“ inszenieren.

Sammy, Frank und Dino können einpacken: Here comes the Bat Pack.
Foto: Günter Wagner

Wie viel Herzblut die drei in das Projekt gesteckt haben, zeigt sich an vielen Details. Zum Beispiel daran, dass es ihnen gelungen ist, für ihr Buch die Druckrechte für einen selten publizierten Aufsatz von Stephen King zu bekommen. Dort erklärt der Horror-Guru, warum er Batman jederzeit seinem Kollegen Superman vorziehen würde (was inhaltlich natürlich eine Selbstverständlichkeit, aus der Feder eines Bestsellerautoren aber trotzdem lesenswert ist). Oder daran, dass sie sich speziell für die Ausstellung noch auf die Suche nach ganz bestimmten Originalen machten, um alle Epochen mit vergleichbarem Gewicht präsentieren zu können. Dabei kam ihnen nicht nur zugute, dass sie in der internationalen Sammlerszene bestens vernetzt sind, sondern auch, dass sie eine gewisse Beharrlichkeit an den Tag legen, wenn sie ein Stück entdecken, das bisher noch in ihrer Sammlung gefehlt hat. Oder, wie es Marc Widmann selbst beschreibt: „Wenn ein Werk der Dramaturgie meiner Sammlung dient, beiße ich mich daran fest wie eine Bulldogge!“

Begeisterte Besucher bei der Eröffnung.
Foto: Siegfried Scholz

Dass ihre Preziosen das heimische Depot nun vorübergehend verlassen mussten, bereitet den Sammlern übrigens keine großen Schmerzen; ganz im Gegenteil: Alexander Bubenheimer betont, dass es ihm viel lieber ist, wenn die Zeichnungen von möglichst vielen Interessierten bewundert werden können, als wenn sie zuhause sorgfältig archiviert in ihren Mappen ruhen. Denn darum geht es ja bei solchen Projekten: die Kunstform Comic und die fantastischen Welten, die sich auf dessen Seiten entfalten, ins Bewusstsein einer möglichst breiten Öffentlichkeit zu bringen. Und was das angeht, ist die Schau schon jetzt ein voller Erfolg: bereits in den ersten Tagen tummelten sich alle Generationen in der Ausstellung – von Kindern, die Batmans Abenteuer mit Lego nachspielen und mit den Comics lesen lernen, bis zu den fortgeschrittenen Semestern, die vielleicht schon 1954 große Augen machten, als in Deutschland das erste Batman-Heft an den Kiosk kam.

Unverständlicherweise nicht Teil der Ausstellung: Diese Batman-Lokalisierung des ALLESFRESSERS

 

Plakatmotiv / Aufmacherbild: © Uwe Reber und Marc Widmann

Alle Fotos mit freundlicher Genehmigung der Veranstalter.

Die Ausstellung kann noch bis zum 11. September 2022 in der Galerie „Unter der Pyramide“ (Kreissparkasse Heilbronn, Am Wollhaus 14) besichtigt werden. Der Eintritt ist frei. Das Begleitbuch zur Ausstellung kann dort für 10 € erworben werden. 

Das beeindruckende Rahmenprogramm mit Künstlergesprächen, Signierstunden und Zeichner-Battles, bei denen sich internationale Batman-Künstler die Klinke in die Hand geben, findet sich neben allen weiteren Informationen zur Ausstellung hier.

Wer jetzt Lust bekommen hat, sich eingehender mit Batman zu beschäftigen, findet auch auf dem ALLESFRESSER genügend Anknüpfungspunkte; zum Beispiel hier oder hier.