The Rockers rock, but the Roadies roll
The Roadie
Der Heavy Metal der 80er war nicht für seine musikalische Raffinesse berühmt: Laut, schrill und voll auf die Zwölf musste es sein! Oder war es die Elf, bis zu der aufgedreht wurde? Egal, jedenfalls nichts für Feingeister. Und genau in diesem Stil kommt THE ROADIE daher. Wie eine Hommage an Iron Maiden & Co. und ihre zum Leben erweckten Plattencover.
Die großen Zeiten von „Mass Acre“ liegen schon etwas zurück. Anfang der 80er war das, als es noch egal war, wie alt ein Groupie wirklich war, als eine Rock-Gitarre noch V-förmig zu sein hatte und als mit Heavy Metal wirklich noch der Satan (wer sich hier über den bestimmten Artikel wundert – bitte im Comic nachlesen) und seine Horden heraufbeschworen wurden. Letzteres war natürlich etwas problematisch, aber hey – wozu hat man einen Roadie! Denn der ist nicht nur zum Gitarrestimmen da, sondern hält der Band ganz nebenbei auch noch das Dämonengezücht vom Leib.
Die Gegenwart ist für die auf den Frontmann geschrumpfte „Band“ und ihren Roadie allerdings sehr viel trister geworden. Wer vor einem gealterten Publikum unplugged spielen muss, versprüht nun mal keine Funken; damit holt man keinen Succubus mehr hinter dem höllischen Ofen vor. Außer vielleicht, wenn einer dieser lasziven Dämonen einem etwas mitzuteilen hat und man(n) sich plötzlich in einer unerwartet actionreichen Vater-Tochter-Geschichte wiederfindet.
Klingt, als hätte ich bereits zu viel von der Geschichte verraten und gespoilert? Leider nein, denn der Autor Tim Seeley (von dem u.A. die Serie „Hack/Slash“ bei Image stammt) hat es sehr eilig, uns Leser in die Geschichte einzuführen und erst gar kein Rätselraten über die Hintergründe aufkommen zu lassen. Etwas mehr Vertrauen in unser aller Neugier und ein langsamer Spannungsaufbau hätten der Sache für meinen Geschmack gut getan. Es braucht dann doch wieder einige Seiten, um neue Spannung aufkommen zu lassen. Die Charaktere bleiben allerdings auch dann noch flach und so klischeebeladen, dass sie eigentlich gar keine Namen brauchen. Wobei man Seeley zugute halten muss, dass er hin und wieder auch mit diesen ganzen Klischees spielt und damit ein paar ganz gute Lacher einfährt.
Die in kräftigen Farben gehaltenen Bilder des Spaniers Fran Galán (bisher als Marvel-Zeichner in Erscheinung getreten, aber auch mit einer Goya-Biographie in Graphic Novel-Form) wissen schon eher zu überzeugen. Die Proportionen sitzen, die Farben passen zur Stimmung der jeweiligen Szene und kleine Details in den Bildern laden immer mal wieder zum genaueren Hinschauen ein. Die 80er und ihre Relikte sind aber auch ein dankbares Thema: Autos, Gitarren, Videorekorder und posende Hardrocker geben optisch eben etwas her – im Gegensatz zu ein paar Datenströmen auf dem Smartphone, in denen das Leben heute komprimiert ist.
Was die Charaktere und ihr Erscheinungsbild betrifft, scheint sich Galán übrigens in der Realität bedient zu haben. Vielleicht geht es ja nur mir so, aber ich glaube da in zwei zentralen Personen Lemmy und Axl Rose wiedererkannt zu haben – beide sehr treffend besetzt. Und wo wir beim Thema Gesichter sind: Die scheint Galán deutlich besser zeichnen zu können als knackige Hintern – was bei einem Comic mit Rockstar-Lifestyle und verführerischem Höllengezücht vielleicht ein bisschen schade ist, aber besser so als anders herum.
Wertung: 3 von 5 Headbangern (wobei der Vollständigkeit halber angemerkt sein soll, dass Teile der Redaktion durchaus mehr Spaß an dem Comic hatten als der gestrenge Rezensent)
Beim Lesen hören: DEMON – Night of the Demon. Das Erstlingswerk der New Wave of British Heavy Metal-Legende kennt heute kein Schwein mehr. Unverständlicherweise ist mir damals beim Hören nie ein Succubus erschienen.
Unser Autor: Klaus Kögler hat seine Adoleszenz mit dem Hören von Hard Rock und Heavy Metal zugebracht. Er besitzt über den dicken Daumen gepeilt 400 LPs und CDs aus diesem Genre und hat eine Newcomer-Band namens Metallica noch nachmittags um 3 Uhr auf dem „Monsters of Rock“ erlebt, ohne sich groß daran erinnern zu können. Obwohl er zeitweise „Häwimättl“ genannt wurde, hat er nie eine Matte (aus langem Headbanger-Haar), oder eine Kutte (mit einem Aufnäher von Saxon) getragen.
The Roadie
Tim Seeley, Fran Galán, El Torres / Dark Horse Comics
Miniserie, 4 Hefte à 32 Seiten, je $3,99
Alle Abbildungen © Fran Galán / Dark Horse Comics